Von: Christian Pack || Digitales Storytelling: Franziska Schäfer
Bamberg. Zu viele Betten, zu wenig Personal: Dem Patienten Krankenhaus geht es nicht gut. Die jetzt verabschiedete Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) soll alles besser machen.
Das ist auch dringend nötig: 1.700 Kliniken in Deutschland schreiben rote Zahlen und sind von Insolvenz bedroht. Zuletzt kam es bei Regiomed in Coburg zum großen Knall.
Wie ist der Gesundheitszustand des Bamberger Klinikums? Martin Wilde, Vorstandsvorsitzender der Sozialstiftung Bamberg, gibt Einblicke.
1. Auf der Internetseite der Bayerischen Krankenhausgesellschaft läuft eine Defizit-Uhr. Pro Stunde entsteht in allen Kliniken im Freistaat ein Minus von mehr als 94.000 Euro. Wie schlecht geht es dem Bamberger Krankenhaus?
Die Sozialstiftung Bamberg hat seit ihrer Gründung stets wirtschaftlich stabile Ergebnisse erzielt und schwarze Zahlen geschrieben. Aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Krankenhausbereich hat sie im Jahr 2023 erstmals ein negatives Ergebnis im einstelligen Millionenbereich ausweisen müssen. Durch interne Prozessverbesserungen und Sparmaßnahmen erwarten wir für 2024 ein leicht verbessertes, aber immer noch negatives Jahresergebnis.
2. Welche finanziellen Herausforderungen hat das Klinikum Bamberg zu bewältigen?
Seit dem vergangenen Jahr hat das Klinikum Bamberg, wie die gesamte Branche, mit einem fehlenden Inflationsausgleich zu kämpfen. Kliniken können ihre Erlöse nicht einfach steigern, wie es in anderen Branchen durch eine Erhöhung der Preise der Fall ist. Hinzu kommen gestiegene Sach- und Personalkosten, für die es von Seiten der Politik bis heute keine ausreichende Refinanzierung gibt.
Solange diese Problematik nicht politisch gelöst wird und die Kliniken keine auskömmlichen Vergütungen für ihre Leistungen erhalten, werden keine positiven Jahresergebnisse erzielt werden können und die Sozialstiftung Bamberg von ihrer Substanz zehren.
3. In Coburg kam es zum großen Knall. Im Zuge des laufenden Sanierungsprozesses des Klinikums wird es auch zu Entlassungen kommen. Wie sicher sind die Jobs der Mitarbeitenden in Bamberg?
Die Sozialstiftung Bamberg ist seit Anbeginn so ausgerichtet, dass sie sich wirtschaftlich selbst tragen muss, da sie keine finanziellen Ausgleiche für eventuell entstehende Defizite durch externe Stellen (Land/Kommune) erhält. Die seit 2022 bestehende Situation der strukturellen Unterfinanzierung stellt die Gesellschaft daher vor große Herausforderungen, denen sich unsere Mitarbeitenden täglich aufs Neue stellen.
Durch die Ausweitung unseres Leistungsangebotes wurden in den vergangenen Jahren sogar neue Arbeitsplätze geschaffen, sodass die Zahl der Beschäftigten gestiegen ist.
Aus heutiger Sicht sind die bestehenden Arbeitsplätze sicher und keine Entlassungen vorgesehen. Die weitere Entwicklung ist jedoch davon abhängig, wie die künftige Refinanzierung der Krankenhausleistungen gesetzlich geregelt wird. Eine dauerhafte Unterfinanzierung kann auch von der Sozialstiftung Bamberg nicht getragen werden.
4. Werden die Patientinnen und Patienten in Bamberg und Umgebung im Notfall künftig noch rechtzeitig und ausreichend versorgt?
Ja, das Klinikum Bamberg bietet seit vielen Jahren Notfallmedizin auf hohem Niveau. Dieses bauen wir stets aus.
Unser neuer Hubschrauberdachlandeplatz sorgt zum Beispiel für kürzere Versorgungswege für Patienten, einen direkten Zugang in die Klinik ohne Umlagerung und insgesamt eine verbesserte Logistik. Im Rahmen der Umstellung auf eine integrierte Notfallversorgung haben wir in der Notaufnahme eine neue Software eingeführt, die eine verbesserte digitale Dokumentation der Behandlungsschritte ermöglicht und auch die Verzahnung mit den Rettungsdiensten konnten wir in den vergangenen Monaten voranbringen.
5.Glauben Sie, dass die neue Krankenhausreform die Probleme lösen kann?
Wie auch die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) stehen wir hinter einer notwendigen Krankenhausreform. Zukunftspläne benötigen jedoch auch eine solide wirtschaftliche Grundlage.
Vor einem Jahr haben die Kliniken bundesweit unter dem Motto „Alarmstufe Rot“ in Berlin für eine faire Finanzierung demonstriert. Die BKG fordert vom Gesundheitsminister eine Reduzierung der Bürokratie, eine Sicherung der laufenden Kosten (Vorhaltefinanzierung), Kompromisse mit den Ländern und eine Refinanzierung der Tarifsteigerungen der Krankenhausbeschäftigten (Tarifrefinanzierung). Diesen Forderungen schließen wir uns an.
Unabhängig von der Krankenhausreform ist es jedoch erforderlich, dass die immer noch nicht refinanzierten Kostensteigerungen der beiden letzten Jahre (Inflation) endlich ausgeglichen und dauerhaft finanziert werden. Ohne diese Maßnahme wird auch die angedachte Krankenhausreform keine wirtschaftliche Besserung bringen.
Martin Wilde ist seit dem 1. Januar 2024 der neue Vorstandsvorsitzende der Sozialstiftung Bamberg. Der 56-Jährige übernahm die Position von Xaver Frauenknecht, der sich nach rund 20 Jahren in den Ruhestand verabschiedete.
Der Diplom-Betriebswirt leitet seit 20 Jahren Kliniken und war zuletzt kaufmännischer Vorstand der Ev.-Luth. Diakonissenanstalt in Flensburg.
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