Text: Christian Pack Storytelling: Franziska Schäfer
Es ist eine fränkische Erfolgsstory und eine inspirierende Geschichte über den beharrlichen Mut eines jungen Unternehmerehepaares: Gestartet in den 70er-Jahren in einem Keller in der Bamberger Luitpoldstraße, planten und verwirklichten Rosalinde und Karlheinz Ertl Jahre später das Ertl-Einkaufszentrum vor den Toren Bambergs.
Das Shopping-Center in Hallstadt zieht auch heute noch viele Menschen aus der Region an und wird weiterhin von der Familie geführt - eine seltene und zugleich besondere Kombination in der heutigen Zeit. Ein Rückblick.
1954 eröffnet der Bamberger Karlheinz Ertl im Alter von nur 17 Jahren in Weichendorf (Landkreis Bamberg) sein erstes Lebensmittelgeschäft. Zwei Jahre später folgt die erste Filiale in der Schildstraße in Bamberg.
Die Geschäfte laufen so gut, dass der Sohn einer Beamtenfamilie weitere Filialen in der Gereuth, in der Erlichstraße und in der Luitpoldstraße 29 eröffnet.
Anfang der 60er-Jahre begegnet Ertl seiner späteren Ehefrau Rosalinde, die im elterlichen Metzgerbetrieb arbeitet. Die beiden verlieben sich und heiraten. In den kommenden Jahren bekommen sie vier Kinder: Gaby (1963), Karl-Heinrich (1965), Ulli (1968) und Werner (1966). „Mein Mann wollte sechs Kinder. Aber nach dem vierten habe ich entschieden, dass das jetzt reicht“, sagt Rosalinde Ertl heute.
1968 erwerben Karlheinz und Rosalinde Ertl das ehemalige Hotel „Bayerischer“ in der Luitpoldstraße 45 in Bamberg. Das Ehepaar baut das Haus komplett um. Gleich nebenan zieht auf einer Fläche von gut 700 Quadratmetern der erste Aldi in Bamberg ein, damals noch unter dem Namen „Albrecht“.
Neben Büros und Arztpraxen in den oberen Stockwerken entstehen Ladenflächen im Erdgeschoss und für die sechsköpfige Familie ein privates Domizil im Rückgebäude, in dem das Ehepaar heute noch lebt. 1969 eröffnen Karlheinz und Rosalinde Ertl dort die „Stadtmetzgerei“, die sie in „City“ umbenennen müssen, um eine Verwechslung mit städtischen Betrieben zu vermeiden.
Inspiriert von einer Messereise nach Frankfurt ebnen Karlheinz und Rosalinde Ertl zu Beginn der 70er-Jahre in ihrem Keller auf 700 Quadratmetern den Weg für einen neuen Geschäftszweig: Porzellan- und Geschenkartikel. 1972 kommen die Leuchten dazu.
Der Erfolg gibt dem Ehepaar Recht. Die Lampen verkaufen sich im Keller der Luitpoldstraße 45 so gut, dass die Ertls ihre Lebensmittelgeschäfte und Metzgereien nach und nach aufgeben.
Anfangs schaut sich das Unternehmerpaar in der Nachbarschaft der Luitpoldstraße und im Stadtgebiet von Bamberg nach Möglichkeiten zur Vergrößerung um. Unter anderem war auch das Dehner-Grundstück ein Thema. Als alle Versuche aber scheitern, richtet Karlheinz Ertl seinen Blick raus aus der Domstadt.
1978 erwirbt der Geschäftsmann verschiedene Grundstücke vor den Toren Bambergs. Über drei Jahre dauert es, bis er durch Kauf und Tausch zusammenhängende Flächen auf der „grünen Wiese" in Hallstadt sein Eigen nennen kann.
Gewerbeansiedlungen oder der Bau der Autobahn A70 sind damals noch nicht geplant. Trotzdem entscheiden sich die Ertls für einen Neubau auf den Spargelfeldern in Hallstadt.
Die Stadt Hallstadt gibt der Familie 1983 grünes Licht für den Bau eines Geschäftszentrums in der Emil-Kemmer-Straße. Kaum jemand glaubt an eine Erfolgsstory so weit draußen vor den Toren der Stadt.
Doch die Familie lässt sich nicht beirren. Nach nur acht Monaten feiern die Ertls im März 1984 Richtfest. Nach weiteren fünf Monaten Bauzeit öffnet „Lampen Ertl" im August seine Türen.
Während Karlheinz Ertl sich um den Bau und die Vermarktung des neuen Einkaufszentrums kümmert, widmen sich seine Frau Rosalinde und die vier Kinder der Planung und Einrichtung der neuen Geschäfte.
Die Lampenausstellung bildet das Herzstück des Hauses. Rosalinde Ertl erweitert ihr Angebot um Haushaltswaren und Dekoartikel sowie Glas- und Porzellanwaren hochwertiger Marken. Erste Mieter finden sich ein: die Pizzeria Roma, der Elektronikhändler „AZE" und die Großraum-Diskothek „Muvi" im Untergeschoss.
1985: Tochter Gaby macht sich mit dem „Spielwarengigant" selbstständig. Die 22-Jährige will mit ihrem Konzept vor allem Familien mit Kindern ansprechen. Kurz darauf besetzt die junge Unternehmerin einen weiteren Teil des Ertl-Zentrums mit Kinderbekleidung: der „Kinderladen" eröffnet 1986.
1987: Nur wenige Geschäftspartner erkennen das Potenzial bei „Lampen Ertl" und lassen sich schon Ende der 80er-Jahre dort nieder. Unter ihnen sind zum Beispiel die Parfümerie „Kosmetik Stadler", das Bettenhaus „Peter Betz“ und ein Fitnessstudio nur für Frauen.
Weil das aber noch zu wenige Mieter sind, beschließt die Familie, das Zentrum mit eigenen Geschäften und Aktionen zu beleben. Ein Textil-Zentrum im Untergeschoss sorgt gegen Ende der 80er-Jahre für einen wahren Kundenansturm. Weihnachts- und Ostermarkt, Hochzeitstische, ein kostenloses Kinderkarussell und viele Einkaufsaktionen folgen.
Als 1991 die Autobahn A70 mit den Bamberger Anschlussstellen fertiggestellt wird, floriert das neue Gewerbegebiet Hallstadt. Am 2. April 1992 ist es dann soweit: Das Ertl-Zentrum eröffnet auf insgesamt 22.000 Quadratmetern Verkaufs- und Gewerbefläche mit vielen Mietern.
Der Grundstein für ein modernes Einkaufszentrum ist gelegt. Ein kostenloses Nostalgie-Kinderkarussell wird zum festen Bestandteil des Ertl-Zentrums - bis heute.
1993: Mit dem An- und Neubau des Ertl-Zentrums wird ein weiterer Teil des Untergeschosses als Verkaufsfläche erschlossen. Aus dem Tanzlokal „Muvi" wird die beliebte Diskothek „Moriz". Das Erdgeschoss wird von Rosalinde Ertl und ihren Kindern mit Lampen, Glas- und Porzellanwaren, Haushalts- und Dekoartikeln bestückt.
1995: Im Ertl-Zentrum eröffnet Ertl-Tochter Ulli mit Dieter Gold im ersten Stock den Herrenausstatter „Intenzione". Der jüngste Sohn Werner übernimmt mit seiner Ehefrau Silvia die Lampenabteilung „Licht & Wohnen" sowie die Geschenkartikelboutique „Aber Hallo" im Erdgeschoss. Modenschauen für Erwachsene und Kinder locken immer neue Kunden an.
2002 eröffnet der älteste Sohn „Heinzi" sein erstes eigenes Geschäft. Dem neuen Konzept „Exakt" (Taschen- und Kofferladen) folgt knapp ein Jahr später der Modestore „Celina".
2006: Zusammen mit dem Bamberger Ingenieur Horst-Peter Müller setzt der älteste Ertl-Sohn seine Vision von einer modernen Shoppingmeile nach dem Vorbild großer Einkaufszentren in die Tat um. Im Sommer 2006 beginnen die Umbauarbeiten im Ertl-Zentrum, der Geschäftsbetrieb läuft weiter.
3.500 Quadratmeter werden neu gestaltet. Im vorderen Bereich eröffnet unter anderem ein neues Café.
2008: Im gesamten Ertl-Zentrum arbeiten zu dieser Zeit bereits über 250 Menschen in 50 Geschäften auf rund 22.000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Eine der Hauptattraktionen für die Kinder ist eine Rutschbahn, die vom Erdgeschoss ins Untergeschoss führt.
2008 übergeben Karlheinz und Rosalinde Ertl das Ertl-Zentrum an ihre vier Kinder Gaby, Heinzi, Ulli und Werner. Im Frühjahr 2012 räumt Rosalinde Ertl ihr Feld bei „Edles & Alltägliches" und tritt aus dem täglichen Geschäftsbetrieb zurück.
Im Jahr 2015 beginnen die Planungen für die Erweiterung des Ertl-Zentrums durch ein neues Fachmarktzentrum sowie ein eigenes Parkhaus. Im Oktober steigt das große Fashion-Event mit Stargast Bruce Darnell vor ausverkauftem Haus in der ehemaligen Reno-Halle gegenüber dem Ertl-Zentrum.
2016: Der Bau des neuen Ertl-Fachmarktzentrums schreitet voran. Kurz darauf beginnt der Abriss des ehemaligen DEG-Gebäudes, das sich unmittelbar neben dem Ertl-Zentrum befindet. Die Fläche dient danach zunächst als Kunden- und Mitarbeiterparkplatz.
2017: Als erster großer Mieter zieht Ende November 2017 der französische Sportartikelfachmarkt Decathlon ein. Neben dem Ertl-Zentrum entsteht nun ein neues, modernes Parkhaus.
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