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Ohne Subventionen geht's nicht

So wirtschaftet ein Landwirt

Die Debatte um die Streichung von Zuschüssen für Bauernhöfe in Deutschland war hitzig. Das bisschen Agrardiesel, oder geht es wirklich um die Existenz? Wir zeigen, wie knallhart Landwirte kalkulieren müssen, um am Markt zu bestehen.

Text und Recherche: Moritz Kircher Grafik: Micho Haller, Franziska Schäfer





Milliarden für die Landwirtschaft: der Preis für Europas Agrar-Autarkie

Hat es zu viel geregnet oder zu wenig? War es zu heiß oder zu kalt? So manchem Landwirt verhagelt ein einziger Sturm zum falschen Zeitpunkt im Jahr große Teile der Ernte.

Wie groß der Umsatz ausfällt, hängt dann in der Folge von schwankenden Preisen auf dem Weltmarkt ab.

So schoss der Preis für eine Tonne Weizen an der für Europa maßgeblichen Börse in Paris am Tag des Ausbruchs des Krieges in der Ukraine auf 292 Euro - von 230 Euro eine Woche zuvor. In der Spitze kletterte er dann in der Folge auf 348 Euro und sank dann wieder. Stand am 15. März dieses Jahres: 195 Euro. Von „katastrophalen Preisen bei vielen Getreidearten“ spricht Hermann Greif, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbandes Oberfranken. Das Jahr eins nach Ausbruch des Ukrainekrieges brachte Rekordgewinne. Und nun?

Viele Bauern werden dieses Jahr bei vielen Getreidearten draufzahlen. Das wird ein richtig schwieriges Jahr.

Hermann Greif

Hermann Greif

Ein Blick in die Betriebsgewinne der bayerischen Haupterwerbshöfe zeigt, dass Subventionen und Zuschüsse (Prämien) fast 58 Prozent des Gewinns ausmachen. Der Löwenanteil kommt von der EU. Ein weiterer Teil vom Bund und vom Freistaat. Nebenerwerbsbetriebe würden ohne Prämien seit Jahren nur noch Miese machen.

Die Zahlen zeigen: Subventionen für die Landwirtschaft sind die Folge der politischen Entscheidung, die Bauern zu stützen und Europa in der Agrarproduktion weitgehend autark zu halten. Das lässt sich die EU aktuell jährlich zwischen 50 und 60 Milliarden Euro kosten.

Aber wie wichtig sind die EU-Milliarden für den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb?

So kalkuliert ein Landwirt



Fläche: 1 Hektar

Angebautes Getreide: Winterroggen

Ertrag: 49,3 Doppelzentner pro Hektar

Erzeugerpreis: 22,11 Euro pro Doppelzentner

(Durchschnittspreis für die Jahre 2020 bis 2022)

Umsatz:

0 Euro

pro Hektar

  • Bild: Micho Haller, Adobe Stock

Davon gehen ab:

62,70 Euro

Saatgut

195,30 Euro

Dünger

119,80 Euro

Pflanzenschutz

322,70 Euro

Variable Maschinenkosten

(z.B.: Diesel, Instandhaltung,

Reparatur, Verschleißteile)

73,00 Euro

Trocknung

15,30 Euro

Hagelversicherung

696,30 Euro

Feste und kalkulatorische

Kosten z.B. Pachtkosten für

Ackerland, Kosten für Lagerraum,

Kosten für Lohnarbeit,

Abschreibungen auf Investitionen

in neue Maschinen, Anlagen

und Gebäude.

Summe

0,00 Euro

Gewinnbeitrag ohne landwirtschaftliche Prämienzahlungen

Direktzahlungen und Zuschüsse

Ein landwirtschaftlicher Betrieb erhält auf EU-, Bundes- und Landesebene diverse Direktzahlungen und Zuschüsse. Diese betrugen für einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb in Bayern im Wirtschaftsjahr 2020/21 nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums in Summe:

501 Euro

pro Hektar landwirtschaftlich

genutzter Fläche.

Aufgeschlüsselt nach:

  • EU-Direktzahlungen: 287 Euro
  • Zins- und Investitionszuschüsse: 19 Euro
  • Agrardieselvergütung: 35 Euro
  • Ausgleichszulage: 36 Euro
  • Zahlungen aus Agrarumweltmaßnahmen: 95 Euro

Einige der Prämien und Zuschüsse, wie z.B. die Agrardieselvergütung, werden nicht pro Hektar ausgezahlt, sondern anders berechnet. Zur statistischen Erfassung und vergleichbaren Darstellung werden sie aber vom Bundeslandwirtschaftsministerium in Euro pro Hektar umgerechnet und angegeben.

In diesem Rechenbeispiel hat ein landwirtschaftlicher Betrieb nach Auszahlung von Prämien und Zuschüssen für einen Hektar Roggenanbau einen Gewinnbeitrag von

0,00 Euro



Milliarden für den Agrarsektor

Die beispielhafte Kalkulation zeigt: Ohne Subventionen könnten landwirtschaftliche Betriebe kaum noch gewinnbringend wirtschaften. Insgesamt geht es um gigantische Summen. Allein in die Landwirtschaft in Bayern fließen aktuell pro Jahr mehr als 1 Milliarde Euro aus Fördertöpfen der Europäischen Union. Fast 60 Milliarden Euro und damit rund 40 Prozent des Gesamthaushalts der EU fließen in den Agrarsektor.

Die „Gemeinsame Agrarpolitik“ der EU (GAP) gibt es seit 1962. Ziele damals wie heute: eine stabile Lebensmittelversorgung und Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen. Umwelt- und Klimaaspekte kamen dann 2010 zu den strategischen Zielen der GAP hinzu.

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Die Summe von knapp 1,2 Milliarden Euro an EU-Agrarsubventionen kommt nicht alleine den landwirtschaftlichen Betrieben im Freistaat zugute. Für Umweltmaßnahmen fließen Teile der Zahlungen auch an Umweltschutzorganisationen, die für Ausgleichsmaßnahmen bei belastenden Eingriffen in die Natur sorgen oder auch an öffentliche Einrichtungen, die sich um Regionalentwicklung kümmern.

Die Bedeutung von Subventionen für die Bauernhöfe

Egal, ob man es nun Prämie, Zuschuss oder Subvention nennt: Die folgenden beiden Grafiken zeigen, dass Fördermittel ein bedeutender Posten im Haushalt eines landwirtschaftlichen Betriebes sind.

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Durchschnittlicher Gewinnanteil der Subventionen von Haupterwerbsbetrieben zwischen 2007 und 2022



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Durchschnittlicher Gewinnanteil der Subventionen von Nebenerwerbsbetrieben zwischen 2007 und 2022

Das Diagramm zeigt: Vor allem kleine Bauernhöfe, die im Nebenerwerb bewirtschaftet werden, könnten ohne Zuschüsse überhaupt nicht mehr gewinnbringend wirtschaften.

Was Landwirte für ihre Produkte bekommen

Auffällig ist, dass die Preisentwicklung für landwirtschaftliche Produkte über die Jahrzehnte nicht unbedingt nach oben geht, sondern starken Schwankungen nach unten und oben unterworfen ist, wie etwa beim Getreide. Bei anderen Produktgruppen verändert sich der Preis kaum. So war der Erzeugerpreis für Schweine im Jahr 1962 nahezu identisch mit dem Preis aus dem Jahr 2022

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Was ist der Erzeugerpreisindex?

Der Erzeugerpreisindex für landwirtschaftliche Produkte wird vom Statistischen Bundesamt erfasst. Er bildet seit dem Jahr 1961 die Preisentwicklung ab und wird zur Berechnung der Inflation herangezogen. Aktuell sind im Erzeugerpreisindex rund 50 landwirtschaftliche Produkte (z.B. Roggen, Speisekartoffeln, Eier) und Produktgruppen (z.B. Obst, Gemüse, Getreide) enthalten. Aktuelles Referenzjahr für den Index ist 2020. Dort wird der Index also auf 100 gesetzt. Liegt der Index in den Jahren davor oder danach beispielsweise bei 115, so bedeutet das, dass der Preis für das entsprechende Produkt im Vergleich zum Referenzjahr 2020 um 15 Prozent höher liegt. Auffällig ist, dass die Preisentwicklung für landwirtschaftliche Produkte über die Jahrzehnte nicht unbedingt nach oben geht, sondern starken Schwankungen nach unten und oben unterworfen ist.